Kiesgruben bringt mancher Laie nicht so schnell mit Amphibien in Verbindung. Da herrscht doch eine rege Bautätigkeit, Lastwagen fahren hin und her und der Boden ist doch bloss lebensfeindliches Kies und Schlamm.
Weit gefehlt. Ohne die Kiesgruben ginge es manchen Amphibien massiv schlechter. Vor allem die Pionierarten unter ihnen wie die Kreuzkröte oder die Gelbbauchunke finden dort einen wichtigen Ersatzlebensraum. Diese lebten früher in den Pionierstandorten unverbauter Flüsse, die heute jedoch weitgehend verschwunden sind.
Eine Kiesgrube, sofern sie richtig betrieben wird, hat grosse Ähnlichkeit mit einem solchen Lebensraum. Da wechseln sich vegetationslose Flächen mit solchem mit dichter Vegetation ab. Auf dem nackten Boden wächst alsbald Pioniervegetation heran, die die dort liegenden, meist flachen Tümpel säumt. Auf solche Tümpel sind die erwähnten Amphibien angewiesen, da sie nur dort laichen können. Vegetationsreichere Teiche wären durch ihre hohe Feindzahl für die Kaulquappen dieser Arten tödlich. Mit der Zeit wird die Vegetation dichter, und die Tümpel bewachsen. Jetzt finden sich auch andere Arten ein, wie Gras- und Wasserfrösche und in tieferen Weihern mit Röhricht auch die Erdkröte. Selten gesellt sich auch der Laubfrosch hinzu, wenn dieser in der Gegend überhaupt noch vorkommt.
Natürlicher Flusslauf
In diesem Kiesgrubentümpel finden sich u.a. Kreuzkröte und
Gelbbauchunke
Damit diese Abfolge auch in Kiesgruben erfolgen kann, ist eine richtige Planung des Kiesgrubenbetriebs nötig. Die Lösung heisst Wanderbiotope.
Die nebenstehende Bilderfolge zeigt dabei das Grundprinzip.
Auf der einen Seite der Kiesgrube wird Kies abgebaut. Dort ist für
Amphibien wegen der regen Bautätigkeit kein Leben möglich. Schreitet der
Abbau weiter voran, wird diese Zone ruhiger. Es bilden sich auf dem
nackten Boden kleine Tümpel, die der Kreuzkröte sehr gelegen kommen.
Langsam wächst Pioniervegetation heran, es stellen sich seltene Pflanzen
und weitere Tierarten ein. In dieser Zone ernähren sich die Kreuzkröten
von Insekten, Spinnen und anderem Kleingetier.
Mit den Jahren wächst die Vegetation dichter, die Artenzusammensetzung
der Pflanzen und Tiere ändert sich. Es stellen sich mehr ausdauernde
Arten ein. Die Pionierarten wandern weiter in Abbaurichtung.
Bis hier gleicht der Ablauf der Lebensgemeinschaften stark jenem in freier
Natur.
Doch jetzt wird von der Seite her die Kiesgrube langsam zugeschüttet und
schliesslich wieder rekultiviert. Das heisst aber nicht, dass die Tiere
dabei begraben werden, die Rekultivierung läuft sehr langsam.
Die einzelnen Zonen wandern dabei immer weiter in Abbaurichtung.
Früher wurden ausgediente Kiesgruben vollständig zugeschüttet und wieder in den Ursprungszustand versetzt. Davon ist man heute meist abgekommen, da man den ökologischen Wert der Gruben erkannt hat. So bleibt meist ein Gebiet mit Magerstandorten, Gewässern und Zonen dichter Vegetation zurück. Gerade die Pionierstandorte brauchen aber weiterhin Pflege, sollen sie ihren Charakter behalten.
Leider gibt es aber immer noch negative Ausnahmen, und die Gruben werden komplett wieder zugeschüttet. Man will aus Prinzip nicht auf das Landwirtschaftsland verzichten, auch wenn es nur kleine Flächen sind die kaum ins Gewicht fallen.