Standorttreue von Wasserfröschen

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Henninge

Standorttreue von Wasserfröschen

Beitrag von Henninge »

Die Standorttreue von Wasserfröschen wird ja gern beschworen, wenn es gilt, einen neuen Teichbesitzer vom Begründen eines Foschbesatzes durch Einfangen in der freien Natur abzuhalten. Dass Frösche an ihren ursprünglichen Teich zurückzukehren versuchen, wenn sie unfreiwillig daraus verbracht worden sind, mag ja zutreffen.

Dass Wasserfrösche ihr ursprüngliches Laichgewässer freiwillig verlassen, dürfte demgegenüber sogar unstreitig sein. Dafür sprechen die zahlreichen Berichte von neuen Teichbesitzern, die nach kurzem Bestehen ihres Teiches begeistert mitteilen, dass auch schon Frösche eingezogen seien. Auch die Vermehrung und Ausbreitung würde nicht gelingen, wenn Frösche stur in ihrem Laichgewässer verharren würden.

Ich meine, in diesem Frühjahr beobachtet zu haben, dass meine Frösche nur für die Zeit der Paarung abgewandert sind. Nach einer Regennacht waren die Großen plötzlich weg. In ca. 50 m Entfernung hat ein Nachbar einen größeren und besiedelteren Teich, aus dem es in jedem Frühjahr quakt, dass man vor Neid erblassen könnte. Ist es denkbar, dass meine Frösche dort hin "ausgewandert" sind, weil dort "mehr los ist", also um sich dort zu paaren? Jetzt kehren sie nämlich nach und nach zurück, Yellow, der noch nicht ausgewachsen war, sogar deutlich größer geworden.
Gruß an alle. Henning
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Benedikt
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Re: Standorttreue von Wasserfröschen

Beitrag von Benedikt »

Henninge hat geschrieben:Dass Frösche an ihren ursprünglichen Teich zurückzukehren versuchen, wenn sie unfreiwillig daraus verbracht worden sind, mag ja zutreffen.
Das trifft auf jeden Fall zu. Dazu gibt es sogenannte "homing"-Experimente: Man fängt einen Frosch an einem Ort und lässt ihn woanders frei. Die normale Reaktion der Frösche ist, dass sie abwandern und versuchen, nach Hause zu gelangen. Ist die Distanz klein, gelingt das sogar.
Henninge hat geschrieben:Dass Wasserfrösche ihr ursprüngliches Laichgewässer freiwillig verlassen, dürfte demgegenüber sogar unstreitig sein. Dafür sprechen die zahlreichen Berichte von neuen Teichbesitzern, die nach kurzem Bestehen ihres Teiches begeistert mitteilen, dass auch schon Frösche eingezogen seien. Auch die Vermehrung und Ausbreitung würde nicht gelingen, wenn Frösche stur in ihrem Laichgewässer verharren würden.
Verstehe ich das richtig, dass du meinst, diese Aussage sei ein Widerspruch zu oben?

Meiner Meinung ist es das nicht. Es ist für den Frosch ein fundamentaler Unterschied, ob er zwangsweise an einen neuen Ort gebracht wird oder ob er freiwillig woanders hin wandert. Ebenso wie das "homing" nach Versetzung sind freiwillige Wanderungen zwischen Gewässern bekannt.

Und die Tatsache, dass Wasserfrösche geeignete Gewässer rasch kolonisieren, zeigt ja eben, dass eine Ansiedlung durch den Menschen eben meist überflüssig ist.

Gruss, Benedikt
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Henning
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Re: Standorttreue von Wasserfröschen

Beitrag von Henning »

Benedikt hatte geschrieben: "Verstehe ich das richtig, dass du meinst, diese Aussage sei ein Widerspruch zu oben?"

Nein, das hatte ich nicht als Widerspruch, sondern als Gegensatz aufgefasst. Genau wie Du sehe ich einen elementaren Unterschied darin, ob ein Frosch "verbracht" wird oder ob er sich freiwillig eine neue Umwelt sucht.

Dass Du eine Ansiedlung durch den Menschen als "meist" überflüssig bezeichnest, überrascht. Hätte ich vorsichtshalber allerdings auch so formuliert.

Hingegen hast Du meine eigentliche Frage unbeantwortet gelassen. Ich vermute allerdings auch, dass es dazu keine Erkenntnisse gibt.

LG Henning

PS.: Ich hatte mich heute Morgen nicht eingeloggt und musste daher mein bereits geschriebenes Posting unter einem geänderten Benutzernamen schreiben.
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B. Viridis
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Beitrag von B. Viridis »

Hallo,

die Beobachtung, dass die Tiere gerne die Teiche wechseln, habe ich auf unserem Gelände auch schon gemacht. Auf dem Gebiet, dass die Uni und den botanischen Garten bei uns umfasst, habe ich im Mai in zwei der große Uniteiche und fünf der botanischen Gartenteiche die Anzahl der Tiere gezählt. Bereits nach einer Nacht gab es im botanischen Garten schon Verschiebungen und nach und nach scheint auch in dem dichtbesiedeltsten Uniteich die Zahl der Tiere wieder zurückzugehen.

Nachts kann man auch schon mal einen Grünfrosch auf einer der Wiesen zwischen den Teichen entdecken und auch in dem ein oder anderen Gully zwischen den Teichen sind schon Tiere aufgetaucht.

Allerdings schließe ich mich Benedikt an; die Wanderfreudigkeit der Tiere in einem Gebiet, das zahlreiche Teiche umfasst, sollte nicht damit verwechselt werden, dass man ein Tier in den eigenen Teich verschleppen kann. Die Wahrscheinlichkeit, dass es dem Frosch nicht gefällt und er wieder in seinen ursprünglichen Teich zurückwandern wird, halte ich auch aufgrund der von mir gemachten Beobachtungen für ziemlich hoch.
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Henning
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Beitrag von Henning »

Hallo,

ich präzisiere meine Frage mal, damit wir nicht ständig aneinander vorbeireden:

Kann es sein, dass Wasserfrösche vorübergehend ihr eigentliches Gewässer verlassen, um ihren Laich in einem anderen Teich abzusetzen, und dann in ihr Gewässer zurückkehren?

Gruß Henning
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Benedikt
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Beitrag von Benedikt »

Ich würde die Frage klar mit "ja" beantworten. Ich kenne keine eindeutigen Untersuchungen beim Wasserfrosch, aber bei andern Arten ist klar, dass sie Aufenthalts- und Fortpflanzungsgewässer haben.

Gruss, Benedikt
alex
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Beitrag von alex »

Beim Wasserfroschkomplex existieren in der Tat Vortpflanzungsgewässer (in denen sammeln sich die Männchen und Aufenthaltsgewässer (in denen findet man die nicht paarungsbereiten Weibchen während der Reproduktionsphase.)
Auserhalb der Paarungszeit vermischen sich die Geschlechter wieder.
Ebenfalls versuchen die Jungfrösche den kanibalischen Adulten in Kleinstgewässer auszuweichen.
Wenn ich mich nicht irre wird dierser Dreierkomplex von Lebensgewässern der Wasserfrösche im Buch von Klemenz Fritz und Co. beschrieben.
Im Uebrigen giegnen die Autoren vertieft auf die Auswahlkritierien der Frösche bezüglich potentieller Laichgewässer ein.
Gruss Alex
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Froschnetz
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Beitrag von Froschnetz »

Dass die Wasserfrösche die Teiche zum Laichen wechseln kann ich auch bestätigen. Letztes Jahr hatten wir kein Männchen am Teich, die riefen alle beim Nachbar rund 50m entfernt. Die Weibchen blieben aber vorerst bei uns. Nach und nach verschwand dann aber das eine und andere und kehrte dann einige Tage später und sichtlich dünner wieder zurück. Nach der Paarungszeit kehrte dann auch ein Männchen wieder zurück zu uns. Laich gab es bei uns entsprechend keinen, die haben alle beim Nachbar abgelaicht.
Dieses Jahr haben wir ein Männchen. Das hat den neuen flachen Kiestümpel in Beschlag genommen und springt alles an was diesen betritt. Die Weibchen sind alle beisammen in zwei anderen Teichen. Ist ein Weibchen laichbereit, geht es zum Männchen in den Tümpel und dann wird gelaicht. Laich habe ich im besagten Tümpel jetzt drei mal gefunden und einmal im Teich unmittelbar daneben. Im Weiberteich gab's auch mal Laich, der war aber nicht befruchtet und alle Eier starben ab. Warum das Weibchen den Teich nicht gewechselt hat ist mir unklar.
Es gibt hier also ein Laichgewässer wo das Männchen ruft und Aufenthaltsgewässer der Weibchen und Juvenilen.
Viele unserer Frösche sind schon mehrere Jahre hier, letztes Jahr hatten wir ein 6 jähriges Weibchen, das dann im Sommer leider gestorben ist. Das hatte auch beim Nachbar abgelaicht, kam aber wieder zurück. Standorttreue würde ich beim Wasserfrosch also weniger auf ein einzelnes Gewässer sondern eher auf einen Gewässerkomplex beziehen zwischen dessen Gewässern gewechselt wird. Bei diesen Wechseln können dann auch neue Gewässer entdeckt und besiedelt werden.
Jan Meyer
Froschnetz
alex
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Beitrag von alex »

Meiner Erfahrung nach existieren langfristig (über 6 Jahre) nur in Gewässerkomplexen intakte Wasserfroschpopulationen.
Auch die von Henning angedeutete Neubesiedlung wird eher von juvenielen Wasserfröschen und den nicht paarungsbereiten welche auf der "Flucht" vor den Adultieren resp. Männchen sind erfolgen.
Doch nebenbei finde ich die Betrachtung eines einzelnen Teiches bei allen Anurenarten äuserst ungenau um Aussagen über eine ansäsige Population zu treffen.
Der Minimalradius währe meines Erachtens 1km, warscheinlich muss man aber eher von 3-4km ausgehen.
Beni hast Du nicht mal ein Paper rumgereicht welches sich mit den Wanderstrecken der Anuren befasste?
War da nicht beim WF eine max Angabe von 12 km (Fang / Wiederfang)??
Gruss Alex
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